
Auf einen Cappuccino mit…
„Schwierig wird es, sobald der Zins in den USA über 3% geht“
Achim Lange, Leiter Private Banking der Hamburger Sparkasse (HASPA), gilt als Fondsmanager mit einem Gespür für die Großwetterlage. Für ihn müssen Anleger hinter die Kulissen des Trump’schen Theaters blicken, auf die Unternehmenszahlen, die für ihn stimmig sind. Noch. Im Gespräch nennt er auch die Risiken für Europa, warum er Asien meidet und welchen Nutzen für ihn eine transparente Informationspolitik zum Fonds hat.
transparenzbericht.com: Was ist das, was wir momentan an den Märkten sehen?
Achim Lange: Es ist für mich fast egal ob es eine Trump-Rallye ist, oder ob wir eine Blase an den Aktienmärkten sehen. Fakt ist, dass die Unternehmern derzeit einfach sehr gut liefern, also richtig gute Zahlen zeigen. Die Wirtschaft ist nicht verstopft sondern läuft einfach rund, und solange die Unternehmen liefern, wird es an der Börse auch weiter aufwärts gehen. Im Hintergrund läuft ja auch die Reflationierung bereits seit geraumer Zeit, was die Börsen ebenfalls anschiebt, genauso wie die Cashbestände vieler Unternehmen. Vielleicht zu so einem letzten Aufbäumen der Börsen führt. Im Moment warten ja auch alle auf die Steuerreform in den USA, was ja wiederum Einfluss auf die Unternehmensgewinne haben wird.
transparenzbericht.com: Das scheinen aktuell ja nicht viele zu sehen.
Lange: Ob in den USA eine Mauer gebaut wird, das kann man schön finden oder nicht. Ob ein Einreiseverbot verhängt wird, das kann man verwerflich finden, allerdings hat das keinen Einfluss auf die Unternehmensgewinne im nächsten Quartal. Am gefährlichsten ist es wohl in diesen Tagen, wenn ein Unternehmen angetwittert wird. Für die Kapitalmärkte zählen aber vordergründig Zahlen der Unternehmen, in die sind durch die Bank gut.
transparenzbericht.com: Wo sehen Sie denn Probleme auf die Anleger zukommen?
Lange: Schwierig wird es, sobald der Zins in den USA über 3% geht. Oder wenn es wirklich Handelsbeschränkungen gibt, wenn also ein Handelskrieg ausbricht. Auszuschließen ist das ja nicht, wenn man den Politikern in Übersee zuhört. Ob das mit den Strafsteuern oder Zöllen wirklich greift, muss man erstmal sehen. Hersteller wie BMW oder Mercedes bauen in den USA mehr Autos als in den USA verkauft werden und exportieren einen Anteil davon wiederum ins Ausland. Den Populismus von Trump müssen Anleger derzeit einfach mal ausblenden, erst wenn etwas entschieden ist und Europäer oder Chinesen darauf reagieren, wird es relevant. Außerdem bremsen die Notenbanken noch nicht so richtig, die ersten Zinserhöhungen in den USA sind aber ein erstes Zeichen in diese Richtung.
transparenzbericht.com: Also müssen Anleger heute schon mal ins zweite Halbjahr 2017 schielen?
Lange: Ja, würde ich so sehen. Es kann nicht schaden, langsam seine Heuer einzufahren, wenn die Börsen jetzt mal nach oben überschießen. Im zweiten Halbjahr würde ich uns gerne ein Stückweit an der Seitenlinie sehen. Politische Probleme sind einfach belastend für Börsen, und die politischen Probleme in Europa halte ich für größer als jene, die mit Trump zusammenhängen. Die Sollbruchstellen sind Italien und Frankreich. Wenn in Frankreich das passieren würde wie beim Brexit oder wie in den USA, dann wäre das für Europa eine richtige Katastrophe. Die Gefahr in Frankreich ist ja, dass das Wahlsystem dort etwas anders ist, mit der Stichwahl um das Amt des Präsidenten. Wenn Le Pen und damit der rechte Flügel die erste Wahl gewinnen, dann würde man glauben, dass die Mitte dann zusammenrückt. Wenn aber die Kandidaten der Mitte auf Platz 3 und 4 liegen, dann gibt es eine Richtungswahl zwischen dem linken und dem rechten Lager, und da mag ich nicht prophezeien wie das dann ausgeht. Denn da fehlt dann die Mitte plötzlich. Das wäre der Worst Case.
transparenzbericht.com: Und Italien? Die können ja nicht aus dem Euro-System raus, weil ihre Target-II-Salden bei minus 340 Mrd. Euro stehen, sie also bei einem Ausscheiden aus dem Euroraum 340 Mrd. Euro an das Euro-System zahlen müssten. Aber das können sie gar nicht.
Lange: Da muss man sich fragen, wie es zu den Target-II-Salden kommt. Dieser enorme Saldo lässt ja die Vermutung zu, dass die Italiener glauben, es kommt zum Austritt und schaffen daher ihre Euros in andere Länder, etwa nach Deutschland. Schon wenn es in Italien zu einem Volksbegehren zu einem Euro-Austritt kommt, würde das die Märkte stark belasten. Denn bis zum Referendum würde das Thema ja die Akteure beschäftigen. In der Folge steigen die Risikoaufschläge für italienische Anleihen, was die Unsicherheit weiter steigern würde. Target-II Ist zudem nicht schlimm für Italien, sondern für Deutschland.
transparenzbericht.com: Weil es ja unsere Forderungen sind.
Lange: Vollkommen richtig. Das würde dann zur Verhandlungsmasse werden, mit ungewissem Ausgang. Eines muss man aber auch sagen. Wenn so etwas kommt, dann ist das immer auch eine Opportunität. Wir haben vor dem jüngsten Renditeanstieg unsere nicht unerhebliche Position in italienischen Anleihen veräußert, was aber nicht heißt, dass wir nicht eines Tages wieder zugreifen. Wo wir aktuell beispielsweise Chancen sehen sind bei den sogenannten inflation linked bonds, die quasi an den Inflationserwartungen hängen. Steigen diese, ziehen auch die Kupons hinterher. Der Liedermacher Wolf Biermann hat mal formuliert, warte nicht auf bessere Zeiten. Da ist schon was dran. Heute müssen wir einfach Risiken in Kauf nehmen, um auskömmliche Renditen zu erwirtschaften.
transparenzbericht.com: Sie sagten vorhin Seitenlinie. Was bedeutet das vor diesem Hintergrund?
Lange: Momentan sind wir stärker bei den Zyklikern investiert, um von dem noch laufenden globalen Aufschwung, der von den Amerikanern getragen wird, zu profitieren. Seitenlinie heißt, dass wir, wenn es zu einer Korrektur kommt, wieder mehr bei den konservativen Titeln eindecken würden. Was wir außen vor lassen ist Asien, dort kennen wir uns im Detail nicht aus. Schuster bleib bei Deinen Leisten, dem folge ich da an der Stelle. Wir werden auch die Aktienquote nicht weiter erhöhen und die 30% auch so belassen. Ob Stiftungen gerade heute ihre Aktienquoten nach oben nehmen sollten, da bin ich unsicher. Knallt es nämlich, dann halten Sie das nicht, rein vom Kopf her, und sind dann erst recht abermals gebrannte Kinder. Würde ich nicht machen. Aktienquoten würde ich lieber erhöhen, wenn es an den Märkten mal etwas ruckeliger war.
transparenzbericht.com: Heißt Seitenlinie auch, nicht jeden Trend mitzumachen, etwa bei den heute gerne bemühten Optionsstrategien?
Lange: Wir machen keine Optionen oder Absicherungsgeschäfte, weil wir den reinen Stoff wollen. Also die Aktie, die Anleihe. Vor allem sind Optionsstrategien oder Derivate für uns keine Ergänzung, um die Ausschüttung zu konservieren und gar zu erhöhen. Wir schütten nach wie vor knapp 2,5% jährlich aus, damit kann beispielsweise eine Stiftung dann auch gut planen. Außerdem haben wir noch stille Reserven in Höhe von 9%, die wir weiter aufbauen wollen, resultierend aus Gewinnmitnahmen, die wir bei einigen Papieren planen.
transparenzbericht: Jetzt gilt es heute auch, solche Zusammenhänge speziell auch für semi-professionelle institutionelle Anleger zu kommunizieren. Was ist Ihre Idee hierbei?
Lange: Wir wollen natürlich möglichst transparent sein. Gerade für Stiftungen ist das heute höchstrelevant. Der Transparenzbericht ist ja für den Stiftungsvorstand nochmals eine weitere Absicherung bzw. Legitimation im Stiftungsvorstand, weil ja immer häufiger die Frage auftaucht, wie eine Stiftung ihre Kapitalanlagen überwacht. Über den Transparenzbericht stellen Stiftungsverantwortliche ja gerade sicher, dass das was sie kaufen wollten und was ihre Regularien vorsehen auch tatsächlich in dem Fonds drin ist. Dies ist umso wichtiger, wenn ich kein Fachmann bin, und das ist in vielen Stiftungen der Fall. Wenn ich nämlich als Stiftungsvorstand nicht weiß, ich also nicht sauber dokumentiere, was im Fonds drin ist, dann besteht das Risiko einer Pflichtverletzung, woraus dann wieder Haftungsfragen resultieren können.
transparenzbericht: Ein Thema, das derzeit bei Stiftungen vermehrt am Horizont aufscheint. Haben Sie vielen Dank für Ihr konstruktives Bild, das Sie vom Börsenalltag zeichnen.
Das Interview führte Tobias M. Karow.
Der Hamburger Stiftungsfonds wird seit 2016 mit dem Transparenzbericht ausgestattet. Zum Transparenzberichtsarchiv finden Sie hier.
transparenzbericht.com: Was ist das, was wir momentan an den Märkten sehen?
Achim Lange: Es ist für mich fast egal ob es eine Trump-Rallye ist, oder ob wir eine Blase an den Aktienmärkten sehen. Fakt ist, dass die Unternehmern derzeit einfach sehr gut liefern, also richtig gute Zahlen zeigen. Die Wirtschaft ist nicht verstopft sondern läuft einfach rund, und solange die Unternehmen liefern, wird es an der Börse auch weiter aufwärts gehen. Im Hintergrund läuft ja auch die Reflationierung bereits seit geraumer Zeit, was die Börsen ebenfalls anschiebt, genauso wie die Cashbestände vieler Unternehmen. Vielleicht zu so einem letzten Aufbäumen der Börsen führt. Im Moment warten ja auch alle auf die Steuerreform in den USA, was ja wiederum Einfluss auf die Unternehmensgewinne haben wird.
transparenzbericht.com: Das scheinen aktuell ja nicht viele zu sehen.
Lange: Ob in den USA eine Mauer gebaut wird, das kann man schön finden oder nicht. Ob ein Einreiseverbot verhängt wird, das kann man verwerflich finden, allerdings hat das keinen Einfluss auf die Unternehmensgewinne im nächsten Quartal. Am gefährlichsten ist es wohl in diesen Tagen, wenn ein Unternehmen angetwittert wird. Für die Kapitalmärkte zählen aber vordergründig Zahlen der Unternehmen, in die sind durch die Bank gut.
transparenzbericht.com: Wo sehen Sie denn Probleme auf die Anleger zukommen?
Lange: Schwierig wird es, sobald der Zins in den USA über 3% geht. Oder wenn es wirklich Handelsbeschränkungen gibt, wenn also ein Handelskrieg ausbricht. Auszuschließen ist das ja nicht, wenn man den Politikern in Übersee zuhört. Ob das mit den Strafsteuern oder Zöllen wirklich greift, muss man erstmal sehen. Hersteller wie BMW oder Mercedes bauen in den USA mehr Autos als in den USA verkauft werden und exportieren einen Anteil davon wiederum ins Ausland. Den Populismus von Trump müssen Anleger derzeit einfach mal ausblenden, erst wenn etwas entschieden ist und Europäer oder Chinesen darauf reagieren, wird es relevant. Außerdem bremsen die Notenbanken noch nicht so richtig, die ersten Zinserhöhungen in den USA sind aber ein erstes Zeichen in diese Richtung.
transparenzbericht.com: Also müssen Anleger heute schon mal ins zweite Halbjahr 2017 schielen?
Lange: Ja, würde ich so sehen. Es kann nicht schaden, langsam seine Heuer einzufahren, wenn die Börsen jetzt mal nach oben überschießen. Im zweiten Halbjahr würde ich uns gerne ein Stückweit an der Seitenlinie sehen. Politische Probleme sind einfach belastend für Börsen, und die politischen Probleme in Europa halte ich für größer als jene, die mit Trump zusammenhängen. Die Sollbruchstellen sind Italien und Frankreich. Wenn in Frankreich das passieren würde wie beim Brexit oder wie in den USA, dann wäre das für Europa eine richtige Katastrophe. Die Gefahr in Frankreich ist ja, dass das Wahlsystem dort etwas anders ist, mit der Stichwahl um das Amt des Präsidenten. Wenn Le Pen und damit der rechte Flügel die erste Wahl gewinnen, dann würde man glauben, dass die Mitte dann zusammenrückt. Wenn aber die Kandidaten der Mitte auf Platz 3 und 4 liegen, dann gibt es eine Richtungswahl zwischen dem linken und dem rechten Lager, und da mag ich nicht prophezeien wie das dann ausgeht. Denn da fehlt dann die Mitte plötzlich. Das wäre der Worst Case.
transparenzbericht.com: Und Italien? Die können ja nicht aus dem Euro-System raus, weil ihre Target-II-Salden bei minus 340 Mrd. Euro stehen, sie also bei einem Ausscheiden aus dem Euroraum 340 Mrd. Euro an das Euro-System zahlen müssten. Aber das können sie gar nicht.
Lange: Da muss man sich fragen, wie es zu den Target-II-Salden kommt. Dieser enorme Saldo lässt ja die Vermutung zu, dass die Italiener glauben, es kommt zum Austritt und schaffen daher ihre Euros in andere Länder, etwa nach Deutschland. Schon wenn es in Italien zu einem Volksbegehren zu einem Euro-Austritt kommt, würde das die Märkte stark belasten. Denn bis zum Referendum würde das Thema ja die Akteure beschäftigen. In der Folge steigen die Risikoaufschläge für italienische Anleihen, was die Unsicherheit weiter steigern würde. Target-II Ist zudem nicht schlimm für Italien, sondern für Deutschland.
transparenzbericht.com: Weil es ja unsere Forderungen sind.
Lange: Vollkommen richtig. Das würde dann zur Verhandlungsmasse werden, mit ungewissem Ausgang. Eines muss man aber auch sagen. Wenn so etwas kommt, dann ist das immer auch eine Opportunität. Wir haben vor dem jüngsten Renditeanstieg unsere nicht unerhebliche Position in italienischen Anleihen veräußert, was aber nicht heißt, dass wir nicht eines Tages wieder zugreifen. Wo wir aktuell beispielsweise Chancen sehen sind bei den sogenannten inflation linked bonds, die quasi an den Inflationserwartungen hängen. Steigen diese, ziehen auch die Kupons hinterher. Der Liedermacher Wolf Biermann hat mal formuliert, warte nicht auf bessere Zeiten. Da ist schon was dran. Heute müssen wir einfach Risiken in Kauf nehmen, um auskömmliche Renditen zu erwirtschaften.
transparenzbericht.com: Sie sagten vorhin Seitenlinie. Was bedeutet das vor diesem Hintergrund?
Lange: Momentan sind wir stärker bei den Zyklikern investiert, um von dem noch laufenden globalen Aufschwung, der von den Amerikanern getragen wird, zu profitieren. Seitenlinie heißt, dass wir, wenn es zu einer Korrektur kommt, wieder mehr bei den konservativen Titeln eindecken würden. Was wir außen vor lassen ist Asien, dort kennen wir uns im Detail nicht aus. Schuster bleib bei Deinen Leisten, dem folge ich da an der Stelle. Wir werden auch die Aktienquote nicht weiter erhöhen und die 30% auch so belassen. Ob Stiftungen gerade heute ihre Aktienquoten nach oben nehmen sollten, da bin ich unsicher. Knallt es nämlich, dann halten Sie das nicht, rein vom Kopf her, und sind dann erst recht abermals gebrannte Kinder. Würde ich nicht machen. Aktienquoten würde ich lieber erhöhen, wenn es an den Märkten mal etwas ruckeliger war.
transparenzbericht.com: Heißt Seitenlinie auch, nicht jeden Trend mitzumachen, etwa bei den heute gerne bemühten Optionsstrategien?
Lange: Wir machen keine Optionen oder Absicherungsgeschäfte, weil wir den reinen Stoff wollen. Also die Aktie, die Anleihe. Vor allem sind Optionsstrategien oder Derivate für uns keine Ergänzung, um die Ausschüttung zu konservieren und gar zu erhöhen. Wir schütten nach wie vor knapp 2,5% jährlich aus, damit kann beispielsweise eine Stiftung dann auch gut planen. Außerdem haben wir noch stille Reserven in Höhe von 9%, die wir weiter aufbauen wollen, resultierend aus Gewinnmitnahmen, die wir bei einigen Papieren planen.
transparenzbericht: Jetzt gilt es heute auch, solche Zusammenhänge speziell auch für semi-professionelle institutionelle Anleger zu kommunizieren. Was ist Ihre Idee hierbei?
Lange: Wir wollen natürlich möglichst transparent sein. Gerade für Stiftungen ist das heute höchstrelevant. Der Transparenzbericht ist ja für den Stiftungsvorstand nochmals eine weitere Absicherung bzw. Legitimation im Stiftungsvorstand, weil ja immer häufiger die Frage auftaucht, wie eine Stiftung ihre Kapitalanlagen überwacht. Über den Transparenzbericht stellen Stiftungsverantwortliche ja gerade sicher, dass das was sie kaufen wollten und was ihre Regularien vorsehen auch tatsächlich in dem Fonds drin ist. Dies ist umso wichtiger, wenn ich kein Fachmann bin, und das ist in vielen Stiftungen der Fall. Wenn ich nämlich als Stiftungsvorstand nicht weiß, ich also nicht sauber dokumentiere, was im Fonds drin ist, dann besteht das Risiko einer Pflichtverletzung, woraus dann wieder Haftungsfragen resultieren können.
transparenzbericht: Ein Thema, das derzeit bei Stiftungen vermehrt am Horizont aufscheint. Haben Sie vielen Dank für Ihr konstruktives Bild, das Sie vom Börsenalltag zeichnen.
Das Interview führte Tobias M. Karow.
Der Hamburger Stiftungsfonds wird seit 2016 mit dem Transparenzbericht ausgestattet. Zum Transparenzberichtsarchiv finden Sie hier.