DZ Veranstaltungsrückblick

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Ein Abend mit Michael Stich – vier Lehren

Ein nebeliger und leicht vernieselter Frühsommerabend in Stuttgart. Die DZ Privatbank hatte am 15. Mai in der schwäbischen Metropole ins Geno-Haus zu einem Abend mit Michael Stich geladen, und vor allem die ehrlichen und offenen Ausführungen des Stifters Michael Stich sorgten für Aufmerksamkeit wie Gesprächsstoff. Das Fachliche kam ebenfalls nicht zu kurz, Investmentsteuerreform und Haftungsmanagement standen auf dem Programm. Vier Lehren schälten sich dabei am Abend heraus. Von Tobias M. Karow

1) Fundraising kann zur Exit-Strategie für Stiftungen werden.
Michael Stich berichtete, was in seinen Augen die Erfolgsfaktoren für seine Stiftung waren und sind. Einer davon war und ist das Fundraising. Dieses sei natürlich eng mit seiner Person verbunden, aber Stich führte anschaulich aus, wie viel Arbeit Fundraising ist. Für Stich ist Fundraising gleichbedeutend mit Vertriebsarbeit, die Kreativität braucht, noch mehr aber persönlichen Einsatz. Wer Stich in Stuttgart zuhörte, der bekam einen Eindruck davon, wie ernst er genau dies nimmt. Er erzählte von unzähligen Gesprächen mit potentiellen Partnern und nannte zugleich eine der goldenen Regeln im Vertrieb bzw. im Fundraising: „Ich habe keine Angst vor einem Nein. Und selbst wenn ein Nein kommt, dann geht es immer irgendwie weiter.“ Hier sprach ein Pragmatiker, der den Faktor Mensch höher bewertet als den Faktor Technik. Seine Stiftung nutze keine Online-basierten Fundraising-Tools, weil diese einfach nicht so effektiv funktionierten wie der persönliche Kontakt. Er sprach damit vielen Stiftungen sicherlich aus dem Herzen, gleichzeitig formulierte er damit auch ganz klar den Pflichtenkatalog, damit eine Stiftung erfolgreich Fundraising-Aktivitäten entfaltet.

2) Mit der neuen Datenschutz-Verordnung müssen sich auch Stiftungen auseinandersetzen.
Michael Stich war es ein Anliegen, auf die neue Datenschutzregelung hinzuweisen. Jede Stiftung sei hier herausgefordert, sich damit zu beschäftigen, denn in nahezu jeder Stiftung werden Daten verarbeitet. Stich wies auf die Notwendigkeit hin, sich ab sofort von jedem Kontakt eine Genehmigung einzuholen, um den Kontakt weiterhin verfolgen zu dürfen. Außerdem muss dokumentiert werden, wo und wie Daten in der Stiftung bearbeitet und verarbeitet werden. Das weite zwar hier und da den Fokus, aber es mache die tägliche Stiftungspraxis nicht eben einfacher. Stich wünschte sich hier Unterstützung zum Beispiel seitens des Bundesverbands Deutscher Stiftungen, vor allem für die kleineren Stiftungen. Diese seien häufig mangels Knowhow und auch mangels Masse, sich externe Hilfe „leisten“ zu können, besonders betroffen. Angehen müssten Stiftungen das Thema Datenschutz, denn die Strafen seien empfindlich, machte der Wimbledonsieger von 1991 noch einmal deutlich.


3) Haftungsmanagement ist eine Frage des gesunden Menschenverstands.
Haftung ist eine Sache des gesunden Menschenverstandes. So in etwa lassen sie beiden Fachreferate seitens der DZ Privatbank und Rödl & Partner zusammenfassen. In der Stiftungspraxis verhalte es sich so, dass Stiftungen letztlich zweierlei tun müssen, um eine Pflichtverletzung, die ein Haftungsrisiko nach sich ziehen kann, weitestgehend auszuschließen: Kriterien für die Kapitalanlage ausfertigen und die auf dieser Basis getroffene Anlageentscheidung dokumentieren. Sicherlich, der Teufel steckt in vielen Fällen im Detail, aber ohne eine Mechanik in der Auswahl von Investments und der Dokumentation der Entscheidung zu einem Investment wird es nicht gehen. Michael Stich fragte nach, ob denn das einfache Auswählen eines Fonds auf Basis gut fundierter Informationen und eines dokumentierten Prozesses beispielsweise schon eine Pflichtverletzung sei, wenn es dann im Fonds bergab ginge – was negiert werden konnte, denn die Entscheidung wurde ja sachgerecht getroffen, auf klar definierter Basis und nachvollziehbar dokumentiert. Ein Haftungstatbestand entsteht so nicht, insbesondere dann nicht, wenn der Auswahlprozess bei einem Investment darauf abzielt, das Verständnis für die Anlage zu erhöhen bzw. zu vertiefen. Letztlich hat Haftung bzw. das Vermeiden dergleichen viel mit dem gesunden Menschenverstand zu tun. Wer versteht was er tut, begeht keine Pflichtverletzung. Transparenz bei Anlageprodukten wiederum verbessert das Verständnis, womit sich der Kreis hin zum stiftungsgeeigneten Anlagevehikel fast schon wieder schließt.

4) Nachhaltigkeit ist ein zweischneidiges Schwert.
In seinem Impuls wies Christoph Beuter, Leiter Stiftungsmanagement bei der DZ Privatbank, darauf hin, dass Nachhaltigkeit viele verschiedene Facetten aufweisen kann. Einmal nehmen sich immer mehr Stiftungen dieser Thematik an und verlangen hier einen in vielen Fällen weit- und tiefgehenden Austausch, auf der anderen Seite hat nachhaltiges Anlegen auch Konsequenzen. Das Anlageuniversum der Einzelinvestments wird durch Ausschlüsse zum Beispiel schnell kleiner. Bei Fonds wiederum, so führte Beuter weiter aus, sei es doch häufiger so, dass ein Modeansatz von einem gelebten Ansatz unterschieden werden muss. Christoph Beuter fasste es so zusammen: „Für uns hat Nachhaltigkeit viel mit Menschenverstand zu tun, mit verantwortungsbewusstem Investieren, mit der Frage, ob auch meine Kapitalanlage in irgendeiner Weise einen positiven Einfluss auf die Gesellschaft entfalten soll. Wer diese Frage mit Ja beantwortet, der kommt schnell auf alternative Strategien und Lösungen, auch im Fondsbereich.“

Zusammengefasst
Mit Michael Stich einen Abend zu bestreiten, ist ein besonderes Erlebnis. Nicht nur, dass jeder mit ihm über Tennis und den HSV sprechen möchte, sondern dass er als Stifter richtig anfassbar ist. Ohne Allüren bringt er es auf den Punkt, nennt die Dinge beim Namen und kann damit durchaus als Vorbild für viele Stiftungsverantwortliche dienen. Dass ihm die kleineren Stiftungen, die momentan aus vielerlei Richtungen unter Druck stehen, am Herzen liegen, nimmt man ihm nach einem Abend wie diesem zweifelsohne ab. Und auch, dass er seinen im nächsten Jahr 25 Jahren als Stifter noch gut und gerne 25 weitere folgen lassen wird.