Stiftungskapital kann
mit der Konjunktur atmen

MünchnerStiftungsFrühling
Nachbericht FondsmanagerFishbowl

Stiftungskapital kann mit der Konjunktur atmen

Eindrücke von der FondsmanagerFishbowl für Stiftungen im Rahmen des MünchnerStiftungsFrühlings sowie sechs Kernaussagen, die die anregende Diskussion zutage förderte.

Am 28. März war es soweit: Die erste FondsmanagerFishbowl für Stiftungen feierte Premiere, im Rahmen des MünchnerStiftungsFrühlings. In der Stiftung Lyrik Kabinett unweit der Ludwig Maximilian Universität München versammelten sich 20 Stiftungslenker und 5 Fondslenker, die Fonds mit Transparenzbericht verantworten. In diesem Rahmen wurde das Thema Fondsanlage von Stiftungsvermögen diskutiert. Das Besondere einer Fishbowl ist ihre Interaktivität. Da Impulse jederzeit aus dem Publikum kommen können und der Impulsgeber mit einem Teilnehmer des Podiums den Platz tauscht, werden das Podium zum Teil des Publikums und das Publikum zum Teil des Programms. Folge ist eine lebendige Diskussion, entlang der Fragestellungen, die das Publikum mitbringt. Genau das war auch in der Stiftung Lyrik Kabinett zu beobachten. Der erste Block des Austauschs drehte sich um die Ausschüttung, der für Stiftungen relevantesten Größe im Kontext der Kapitalanlage.

Fonds als liquides Fundament im Stiftungsportfolio
Gleich zu Beginn zeigten Dr. Ulrich Kaffarnik von der DJE Kapital AG sowie Torsten Soika von der Commerzbank, dass sie die Fragestellung aus ihrer täglichen Praxis kennen. Für beide ist es obligatorisch, als Stiftung ein liquides Fundament zu bauen, am besten aus Fonds. Hierbei können Stiftungen sowohl in reine Renten- und Aktienfonds investieren, oder aber in Mischfonds, die die Anlageklassen Aktien, Renten und Cash konservativ miteinander kombinieren. Wichtig für Stiftungen sei aber, da waren sich Kaffarnik und Soika einig, dass sie wissen was sie kaufen und ihre Hoffnungen nicht auf eine Strategie allein setzen. Außerdem sollten sich speziell Stiftungen von einer Denke lösen: Volatilität, also Schwankungen, sind nicht per se als Risiko zu sehen, sondern sie sind schlicht Schwankungen. Risiko resultiert eher aus Unwissenheit heraus, und speziell für Stiftungen besteht das größte Risiko darin, ihre Ertragsbasis geschmälert zu sehen.

Darauf wies auch Stefan Mayerhofer von der Bayerische Vermögen hin. Jedoch wollte er auch etwas Gelassenheit in die Runde einstreuen. Gelassenheit hinsichtlich der Tatsache, dass man Märkte nicht beeinflussen könne, wohl aber die Gestaltung eines Portfolios. Gerade Stiftungen könnten die lange Welle surfen, sie könnten sich lossagen von den täglichen Schwankungen, da sie für sie schlicht irrelevant seien. Mayerhofer nahm damit den Faden auf, den Petra Träg von der SOS Kinderdorf Stiftung und Ralf Schwind von der Merck Finck Stiftung in ihren einführenden Impulsen entwarfen. Beiden ist gemein, dass das von ihnen betreute Stiftungskapital nur noch zu einem kleineren Teil in Rentenpapieren angelegt ist, dass Sie Aktien ordentlich beimischen und ihren Ertragsstrauß gut diversifiziert haben. Petra Träg wies im Besonderen darauf hin, dass die Stiftungslenker am besten die 100-Jahresbrille bei Anlageentscheidungen aufsetzen sollten, um im Hinblick auf die Ewigkeit zu berücksichtigen, was am ehesten nützen würde. Träg führte aus: „Was ist das größte Risiko einer Stiftung? Dass sie das Stiftungskapital verliert, dann ist nämlich die Ewigkeit sofort beendet. Es gibt 2 Ereignisse, wo dieses Risiko eintritt: Bei Enteignung und bei Wertverlust des Kapitals: Gegen Enteignung hilft keine noch so ausgeklügelte Anlagestrategie, gegen Wertverlust jedoch sehr wohl und das ist unsere Verantwortung als Stiftungslenker.“

MuenchnerStiftungsFruehling - Grafik FondsmanagerFishbowl

Lehren aus der Vergangenheit
Petra Träg traf damit den Nagel auf den Kopf und betonte, dass Stiftungen ihr Kapital in den Phasen zwischen solchen seltenen Extremereignissen, durchaus mit der Konjunktur atmen lassen könnten – so auch in der aktuellen Niedrigzinsphase, die noch etwas andauern könnte. Hier wusste Klaus Oberfuchshuber von der Merck Finck Privatbank anzuknüpfen. Für Oberfuchshuber sind Immobilien ein elementarer Bestandteil im Stiftungsportfolio, da sie einmal den Stiftungsstock konservieren und zum anderen die Ertragsströme diversifizieren. Außerdem würden Immobilien häufig auch dann Erträge liefern, wenn die Wirtschaft mal schwächelt. Für Stiftungen sei wichtig, Immobilien nicht blind zu kaufen, und bei einem Fondsinvestment auch darauf zu schauen, dass man tendenziell unter seinesgleichen, also mit dem gleiche Zeithorizont investiert. Es gäbe Immobilienfonds, die könnten das bewerkstelligen. Ein Stiftungsvertreter brachte die Frage auf, warum denn dann viele der offenen Immobilienfonds geschlossen wurden. Oberfuchshuber erörterte, dass dies unter anderem auch mit den unterschiedlichen Anlegerstrukturen in den Fonds zu tun gehabt hätte. „Dort wo Stiftungen, andere Gemeinnützige oder Anleger mit ähnlichen Prämissen unter sich waren, ist praktisch nichts passiert.“

Eine weitere Alternative, die von Stiftungen in Form von Fonds gekauft werden könnten, ist das Thema Mikrofinanz. Mikrofinanz ist ein Investment, über das Stiftungen einen Einstieg ins Mission Related Investing finden können und das eine Form des Rentensubstituts darstellt. Günther Kastner von C-Quadrat erklärt den Spagat: „Stiftungen finden bei Mikrofinanz zweierlei. Ein solide rentierliches Investment, das über seinen Wirkmechanismus einen gesellschaftlichen Fußabdruck hinterlässt.“ Für Kastner liegen die Vorteile des Investments auf der Hand, wenngleich er betont: „Sobald Stiftungen sich einer nachhaltigen Anlagepolitik verschreiben, kommen sie an Mikrofinanz eigentlich nicht vorbei. Es kann aber sein, dass die Anlagerichtlinie nicht auf der Höhe der Zeit ist.“ In der Tat kann das bei Stiftungen ein Problem darstellen. Nicht selten ist immer noch ein altmodischer Instrumentenmix vorgesehen, dazu werden Investments wie Mikrofinanz unter Alternative Investments subsummiert, was für Stiftungen eine hohe Hürde darstellt, die jedoch bei genauerer Betrachtung imaginär erscheint.

Fazit
Fünf Fondslenker, fünf Fonds mit Transparenzbericht, fünf interessante Gesprächspartner. Die erste FondsmanagerFishbowl für Stiftungen war eine gelungene Premiere und wird definitiv weitere Ausgaben nach sich ziehen. Die zentrale Erkenntnis dürfte lauten, dass Stiftungen ihre Kapitalanlage sinnig und fundiert an Fonds delegieren können, dass sie aber nicht umhin kommen, sich etwas mehr mit der Entscheidung dahinter zu befassen. Das Fishbowl-Prinzip kann hier einen Beitrag leisten, Fondslenker und ihre Konzepte kennenzulernen, dies präpariert Stiftungen und andere semi-professionelle institutionelle Anleger. Gleichzeitig wird der Fokus geschärft – auf das Hier und Jetzt und die Ewigkeit.

6 Erkenntnisse schälen sich aus der FondsmanagerFishbowl für Stiftungen heraus:

  • Stiftungen sind in den allermeisten Fällen für die Ewigkeit errichtet.
    Darauf müssen dann auch der Anlagezeitraum sowie die Kapitalanlage ausgerichtet sein. Die Anlagen sind darauf hin zu prüfen, ob sie krisenresistent sind bzw. durch Krisen hindurch in der Lage sind, Erträge zu erwirtschaften. Solche Anlagen sind eindeutig zu präferieren.

  • Stiftungsvermögen ist das Sozialkapital einer Bevölkerung.
    Dementsprechend spricht nichts dagegen, dass dieses Sozialkapital einer Bevölkerung auch in das Produktivkapital einer Volkswirtschaft investiert wird. Oftmals resultiert das in Stiftungen gebundenen Kapitals aus unternehmerischer Tätigkeit und Aktienanlagen einer Stiftung sind als Sachwerte die schlüssige Fortsetzung unternehmerischer Beteiligung. Dagegen ist eine Anleihe kein Sachwert, sondern lediglich ein Zahlungsversprechen.

  • Stiftungen sind als Fondsanleger prädestiniert.
    Fonds sind als Vehikel zur langfristigen Kapitalanlage konzipiert, Stiftungen sind dem Ewigkeitsgedanken verpflichtet und müssen daher ihr Kapital langfristig veranlagen. Fonds ermöglichen einer Stiftung eine Risikoverteilung über Assetklassen, Investmentstile, Managerköpfe und Ausschüttungsmodalitäten hinweg und erzeugen weniger Buchhaltungsaufwand als die Einzeltitelverwaltung. Zudem nehmen Stiftungen bei der Fondsanlage eine andere Rolle ein, die des unabhängigen Kontrolleurs statt die des aktiven Portfoliomanagers.

  • Stiftungen sind kostensensibel - Handlungsdruck durch Minirenditen.
    Der risikolose Zins ist gen Null gewandert. Auf der Suche nach höherrentierlichen Anlagen weitet sich auch der Strauß der Anlagerisiken. Bei Umschichtung und Diversifizierung spielen Kosten eine gewichtigere Rolle, da der sichere Ertrag, mit dem eine Stiftung planen kann, unsicherer geworden ist. Insofern ist es für Stiftungen wichtig die Fondskosten zu erfahren, angegeben unter TER (total expensive rate), ferner ob das die gesamte Kostenbelastung abbildet oder noch weitere Aufwendungen anfallen. Der Transparenzbericht für Publikumsfonds arbeitet unter anderem diese Information detailliert heraus.

  • Stiftungen haben Wahlmöglichkeiten.
    Viele Fonds werden auch an der Börse gehandelt und können ohne Ausgabeaufschlag zu normalen Börsenspesen gekauft werden. Oftmals gibt es auch eine so genannte institutionelle Tranche mit niedrigerer TER. Die Schwelle, Fonds zu kaufen, ist damit für Stiftungen meist viel niedriger als gemeinhin gedacht. Einfach direkt die Hausbank gezielt darauf ansprechen.

  • Stiftungen sind kein homogener Pool – die Stiftungsaufsichtsbehörden auch nicht.
    Jede Stiftung bringt ein individuelles Anforderungsprofil in der Kapitalanlage mit, jede Stiftung hat andere Erwartungen daran und jede Stiftung bringt einen anderen Grad der Professionalität in der Kapitalanlage mit. Da Stiftungsrecht Landesrecht ist, existieren in Deutschland 46 Stiftungsaufsichten mit unterschiedlichen Regelungen. Dieses Rahmengerüst macht es unabdingbar, dass Stiftungen eine Anlagerichtlinie erstellen und regelmäßig überprüfen. Damit fundierte Anlageentscheidungen mit der Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Kaufmanns getroffen werden können, brauchen vielfach Stiftungen eine andere Erklärungstiefe, d.h. die Kapitalanlage bzw. die einsetzbaren Produkte müssen weitgehender als bei professionellen Anlegergruppen erklärt werden. Das macht auch die Entscheidungsfindung für die Stiftungsaufsicht nachvollziehbar und vermeidet die Gefahr von Pflichtverletzungen, was wiederum Haftungsfragen auf die Tagesordnung bringen kann.